Warum ich für die Klimaliste kandidiert habe
Seit gut 1,5 Jahren bin ich aktiv bei den Scientists for Future (S4F) in Mainz. Die Klimaschutz-Bewegung ist hier gut vernetzt. Die Mainzer Scientists pflegen gute Kontakte zu den lokalen Students und Fridays for Future, und es gibt einige personelle Überschneidungen zur einer neuen politischen Gruppierung: der Klimaliste Rheinland-Pfalz. Vielleicht deshalb habe ich mich für die S4F-Mainz im Jahr 2021 oft auch mit politischen Obertönen in der Öffentlichkeit geäußert.
Hier zwei Beispiele:
Am Rande eines Treffens der Mainzer S4F wurde ich im Frühsommer 2021 von der Bundesvorsitzenden der Klimaliste gefragt, ob ich mir vorstellen könne als Direktkandidat zur Bundestagswahl ‘21 im Wahlkreis Mainz anzutreten. Die Klimaliste RLP hatte sich, wie einige andere Klimalisten anderer Bundesländer, entschieden, hierbei eine reine Erststimmenkampagne zu fahren. Ich sah darin die Chance, im Wahlkampf das Thema im Diskurs zu unterstreichen und die wissenschaftliche Notwendigkeit umfassenden Handelns abseits von Einzelmaßnahmen herauszustellen. Mein Wahlspruch „Wandel gestalten, statt Krisen verwalten“ bringt auf den Punkt, worum es mir beim konsequenten Klimaschutz grundsätzlich geht: Kontrolle oder Kontrollverlust.
Die Frage
In der Tat konnte es uns gelingen, die eine oder andere mediale Aufmerksamkeit zu erregen. Ich hatte etwa ein lebhaftes Gespräch mit Volker Pietsch auf Antenne Mainz, in dem fast alles zur Sprache kam was mir beim Klima-Thema wichtig ist; vor allem auch, dass uns ein deutlicher Umbruch so oder so bevorsteht, egal ob wir uns nun entscheiden das Klima durch Schutz zu kontrollieren oder ob es am Ende das Klima sein wird das uns kontrolliert und vor dem wir uns schützen müssen (hier zu finden: ANTENNE MAINZ Sonntagstalk mit Volker Pietzsch und Prof. Dr. Sebastian Seiffert).
Besonders gefreut habe ich mich, als ein Tweet von mir, der dies kompakt ausdrückte, viel Beachtung fand; am Ende ging sogar Karl Lauterbach darauf ein – und drückte es noch kompakter aus:
Abseits der digitalen Welt brachte der lokale Wahlkampf natürlich viele persönliche Gespräche mit Bürger:innen. In diesen Gesprächen, sowie ebenso im großen medialen Diskurs, wurde mir erschreckend klar, wie wenig das volle wissenschaftliche Ausmaß der Krise im Bewusstsein vorhanden ist. Ich begreife bis heute nicht, wie es passieren konnte, dass gerade nach den akuten Klimakatastrophen im Sommer 2021 die Debatte vor allem um Kosten, Mühen und persönliche Einschränkungen beim Klimaschutz kreiste, nicht aber um dessen Unumgänglichkeit und sozialverträglicher Umsetzung. Bei einem Wahlkampftermin zwei Wochen vor der Wahl brachte ich diesen Frust zum Ausdruck.
Das Ergebnis
Am Ende standen 1396 Erststimmen im Wahlkreis Mainz; 0,7%. Für einen Kaltstart aus dem Stand und eine rein selbstfinanzierte Low-Budget Kampagne gar nicht übel. Und doch ernüchternd. Die ersehnte #Klimawahl war am Ende keine. Nicht nur für mich selbst, sondern auch hinsichtlich des Gesamtergebnisses der Bundestagswahl. Am Wahlabend äußerte ich meine Ernüchterung in einem Tweet, der große Resonanz fand; offenbar ging es mir nicht allein so:
Dieses Statement erregte auch die Aufmerksamkeit des Zukunftsforschers Michael Carl, mit dem ich später ein weiteres angenehmes öffentliches Gespräch in dessen Podcast führte.
Hieraus nahm ich ein inspirierendes Zitat mit: „Pessimismus ist reine Zeitverschwendung“. In diesem Sinne werde ich weiter politisch aktiv bei der Klimaliste bleiben. Ich bin sicher, dass wir weiter gebraucht werden.
Pessimismus ist reine Zeitverschwendung; und soviel Zeit haben wir nicht.
— Rafael Laguda, Bundesagentur für Sprunginnovation
Die kommende Legislatur wird zeigen, dass das Klima-Thema weiterhin nicht die Rolle spielen wird, die es müsste. Das physikalisch Nötige zur Krisenabwehr wird auch weiterhin hinter dem politisch Machbaren anstehen. Auch weiter wird man primär auf technische Auswege aus der Krise hoffen und erst spät erkennen, dass die Zeit dafür schlicht zu knapp ist. Und leider wird die Klimakrise weiterhin zeigen, dass die Natur nicht verhandelt, sondern dass es an uns ist, zu handeln. Die Klimaliste und ich stehen bereit, auch künftig dafür zu kandidieren und unsere wichtigste Position in die Parlamente zu bringen:
„Wissenschaft statt Lobbyismus“.